Mentoringstories
Lernen Sie die Mentees und Mentoren der Gründerstadt Offenbach und ihre Geschichten kennen. Viel Spaß beim Lesen!
HfG-Absolventin Sitha Reis zeichnet um politische Teilhabe zu erhöhen
„Mir wurde klar, das kann mein Hauptjob sein!“
- (Foto: Robert Schittko)
Sitha Reis studiert in Offenbach an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Kunst.
In ihrem Umfeld gibt es viele Selbstständige und so schlägt auch sie bereits als Studentin diesen Weg ein. Dabei ist die junge Frau sozial engagiert, sie hinterfragt die soziale und politische Rolle der HfG in der Stadt Offenbach und setzt sich mit Demokratiebildung und Teilhabemöglichkeiten auseinander.
Nach ihrem Abschluss...
... setzt die diplomierte Designerin ihr Wissen und Können im Projekt Stadtteil-Botschafter der Stiftung Polytechnische Gesellschaft ein. Hier vermittelt sie jungen Menschen Kompetenzen in den Bereichen künstlerische Projektplanung und Projektmethoden. So wird die heranwachsende Generation in die Lage versetzt ihr Umfeld mit ihren eigenen Ideen und Projekten aktiv mitzugestalten.
Um die Vermittlung von Inhalten zu vereinfachen und den Lernzuwachs zu erhöhen, wählt die engagierte Künstlerin visuelle Methoden. Mit Visual Facilitation und Graphic Recording können Inhalte (Gesprochenes oder Geschriebenes) anhand von gemalten Bildern kompakt und verständlich zusammengefasst werden. Die Methoden lassen sich vielfältig einsetzen und bieten ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Anfangs nutze Sitha Reis Visualisierung und Graphic Recording für sich selbst zum Lernen, Gelesenes und Gehörtes blieb ihr dadurch besser im Kopf und wurde für sie leichter verständlich. Dann begann sie die Techniken in ihren Kunstworkshops mit Jugendlichen anzuwenden und schließlich arbeitete sie damit in all ihren Projekten. Sie vernetzte sich mit anderen Graphic Recorderinnen und baute ihre Fähigkeiten sukzessive aus. Drei Jahre hat sie in der Softwareentwicklung gearbeitet und für die Firma Scrum Prozesse illustriert (Scrum ist eine agile Entwicklungsmethode). Dabei hat sie gemerkt, „dass Menschen mit Bildern und Übersichten gut arbeiten können, es hilft uns beim Denken und Lernen.“ Kurzerhand wird aus dem Nebenjob ihr Hauptberuf, heute ist Sitha Reis selbstständige Graphic Recorderin in Offenbach (http://pictocorder.de/). Man kann sie für unterschiedliche Aufträge buchen, sie unterstützt mit ihren Visualisierungsmethoden bei der Projektplanung, der Schilderung von Arbeitsabläufen oder dem Vermitteln von Methoden. Auf Tagungen und Kongressen bringt sie mit ihren Bildern Gesagtes auf den Punkt und fasst unterschiedliche Beiträge als Resümee zusammen. „Prinzipiell ist Visual Facilitation eine visuelle Sprache und kann auf jedes Thema und Vorhaben angewendet werden“, so Reis. „Mein Kernbereich ist die Demokratiebildung, ich arbeite mit Gruppen an der Schnittstelle Kunst und soziale Arbeit.“
Seit diesem Jahr nimmt Sitha Reis am Mentoring Programm Ment2Be teil, einem Kooperationsprojekt der Stadt Offenbach und dem Bildungsträger KIZ zur Förderung von Gründern in Offenbach. Hier erhält sie als Junggründerin Unterstützung durch eine erfahrene Selbstständige. Katharina Ziegler arbeitet als Coach für Unternehmen zu den Themen Kommunikation und Teamentwicklung, sie ist Mitbegründerin des Beraternetzwerks YNEO (yneo.org) und seit 2021 ehrenamtliche Mentorin bei Ment2Be. „Ich finde das Mentoring wahnsinnig hilfreich“, sagt Reis, „mit erfahrenen Menschen einen Fahrplan zu machen und Ideen zu sortieren, ist großartig und das in einem Rahmen, der Mut macht und Vertrauen schafft. Ich kann diesen Weg nun in Begleitung gehen und bin nicht mehr allein. Dadurch habe ich Halt und Ruhe gewonnen.“
Das sagt die Mentorin Katharina Ziegler von YNEO über ihre Zusammenarbeit mit Sitha Reis

„Ich freue mich, Sitha durch das Mentoring Programm kennengelernt zu haben!
Sie schafft es mit Leichtigkeit, komplexe Zusammenhänge in Bildgeschichten zu verwandeln, die als Informationsquelle eine wirkliche Bereicherung für alle darstellen. Ihr ehrliches Interesse an gesellschaftlichen Themen und politischer Aufklärung machen sie als Graphic Recorderin zu einer authentischen Persönlichkeit, mit der es sich lohnt, zusammenzuarbeiten.“
Daniel Iglesias entwickelt aus dem Nichts eine Leselern-App und startet damit voll durch:
Wie einer auszog, Kindern das Lesen lernen zu erleichtern

Daniel arbeitete als Senior Business Development Manager in einem großen Konzern nahe Frankfurt.
Er ist Wirtschaftsinformatiker, sein Fachgebiet ist Digitalisierung. Die Karriereoptionen sind gut, aber Daniel möchte mehr. Schon lange reift in ihm der Wunsch sich selbstständig zu machen, aber mit welcher Geschäftsidee? Er entschließt sich beim Kommunikations- und Innovationszentrum Offenbach ein Coaching zum Thema Gründungsförderung zu machen. Hier wird ihm klar...
... er möchte sich beruflich einsetzen für die Erhöhung der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Warum? Daniel Iglesias schildert seine Motivation so: „Unsere Gesellschaft, so wie wir sie kennen wird zusammenbrechen, wenn Bildungsaufstieg nicht die Regel wird. Dann sind wir in zwanzig Jahren abgehängt in diesem Land, Frieden und Wohlstand sind gefährdet.“
Angesichts der Tatsache, dass inzwischen über 40% der Kinder unter 10 Jahren in Deutschland über einen Migrationshintergrund verfügt, gewinnt die erfolgreiche Förderung und Integration dieser Kinder ins deutsche Bildungssystem und die Ausschöpfung ihrer Potenziale weiter an Relevanz. Personen mit Migrationshintergrund sind im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund geringer qualifiziert und schlechter in den Arbeitsmarkt integriert, sie sind doppelt so häufig erwerbslos und häufiger von Armut betroffen. Diese Liste ließe sich noch um einige Punkte erweitern, der Handlungsbedarf ist eklatant.
Als entscheidende Schlüsselkompetenz für den Schulerfolg gilt die Lesekompetenz und genau hier zeigen sich gravierende Unterschiede bei den beschriebenen Gruppen. Daniel Iglesias setzt mit seiner technologischen Lösung genau hier an. In nur wenigen Monaten entwickelt er eine App, die Kindern das Lesen lernen erleichtert. Die Idee dazu kommt ihm wie ein Geistesblitz, er beobachtet, wie fasziniert seiner Tochter ist, als er einen Sprachassistenten benutzt. „Das ist es!“, denkt er sich. „Eine künstliche Intelligenz, die automatisch Auswertungen über Leseleistungen erzeugen kann, das Ganze verbunden mit spielerischen Elementen und menschlicher Ermunterung.“ So haben die Kinder Spaß am Lernen und verbessern quasi nebenbei ihre Lesefähigkeit.
Ein Partner für das Projekt war schnell gefunden mit MENTOR – die Leselernhelfer Hessen e.V. Hier unterstützen ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren Kinder beim Lesen lernen. Durch die Corona-Pandemie war der Verein an einer schnellen digitalen Lösung sehr interessiert. Weitere Unterstützer des Projekts sind die Nele Neuhaus Stiftung, Lotto Hessen, die Waldemar Bonsels Stiftung und die abass GmbH aus Langen. Das Projekt wird evaluiert durch Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Basel. Das Interesse an dieser einzigartigen Technologie zum Lesen lernen ist hoch, nicht nur bei Förderern, auch unter den Adressaten, den Kindern und Eltern. Gerade läuft das Pilotprojekt an hessischen Schulen an, die ersten Familien sind mit speziell präparierten Tablets versorgt. Es geht los, die Kinder lesen und die Daten, die für die Umsetzung der KI benötigt werden entstehen. Lob und Rückmeldung erhalten die Kinder aber nicht nur von ihrem technischen Gegenüber, jede Lesesitzung wird außerdem von einem ehrenamtlichen Mentor bzw. einer Mentorin begleitet. Dabei ist es nicht mehr nötig nebeneinander zu sitzen, auch räumlich getrennt, kann das Tandem gemeinsame Zeit verbringen und dabei spielerisch lernen. Das funktioniert überraschend gut und eröffnet neue Möglichkeiten.
Und wie geht es weiter? „Wir sind jetzt dabei im großen Umfang zu skalieren“, so Daniel „wir möchten aus dem Pilotprojekt eine Bewegung mit großer Sichtbarkeit und Verbreitung machen. Im Moment bieten wir eine Lösung für den Lesebetrieb von Vereinen an, aber unser Ziel ist die Entwicklung von innovativen Bildungslösungen für unterschiedliche Kontexte.
„Stell dir vor, du hast eine Schulklasse und lässt sie als Hausaufgabe 15 Minuten lang einen Text laut lesen. Durch unsere KI erhält der Lehrer/ die Lehrerin sofort detaillierte Rückmeldungen zu den Leseleistungen von dreißig Schülern und kann die Förderung individuell anpassen. Ohne diese Hilfestellung müsste die Lehrkraft den Schüler:innen über sieben Stunden lang zuhören, und dann Auswertungen und Förderpläne erstellen. Hinzukommt, dass introvertierte und leseschwache Kinder so nicht mehr vor der gesamten Klasse lesen müssen: Keiner wird mehr ausgelacht. Stattdessen gibt es Aufmunterung und Lob für Fleiß und Fortschritte vom Lehrer und der App. Das System kann man natürlich auch für Erwachsene einsetzen oder für andere Sprachen.“ Die Möglichkeiten der entwickelten Technologie sind enorm und unabhängig von Ort und Zeit. Wir sind gespannt, wohin der Weg des Offenbacher Gründers Daniel Iglesias noch führt.
Mentorin Bärbel Thomin-Schäfer (abass GmbH) vom Mentoringprogramm der Gründerstadt Offenbach sagt folgendes über ihren Mentee:

„Daniel hat eine unglaublich gute Idee entwickelt, KI für Menschen sinnvoll zum Lesen lernen einzusetzen, das hat mir spontan sehr gut gefallen. Seine Geschäftsidee ist innovativ und gut durchdacht. Unterstützt habe ich ihn als Mentorin vor allen Dingen mit Ideen und Impulsen zur Organisation und zum Selbstmanagement. Seine Leidenschaft und sein herausragendes Engagement, insbesondere in der Werbung für seine Idee, werden ihn und sein Unternehmen zu einem langfristigen und großen Erfolg verhelfen, da bin ich mir sicher! Das sieht man bereits an dem starken Pilotprojekt und an den vielen Unterstützern und Interessenten!“